Das Urteil betrifft die Auslegung von Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung besagt, dass die Parteien unabhängig von Ihrem Wohnsitz die Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaates für bestehende oder zukünftige Rechtsstreitigkeiten vereinbaren können.
Im konkreten Fall ging es um einen Rechtsstreit über die Zuständigkeit eines Gerichts für eine Zahlungsklage, die aufgrund einer Forderungsabtretung erhoben wurde. Beide Parteien waren in der Slowakei ansässig. Die Klage wurde aufgrund der in den Verträgen getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung jedoch beim Obersten Gericht der Tschechischen Republik eingereicht.
Dies führte zu der Überlegung, ob zwei im gleichen Staat ansässige Parteien durch die Vereinbarung einer Gerichtsstandsvereinbarung bestimmen können, dass ein Gericht eines anderen Staates, zu dem überhaupt kein Bezug besteht, zuständig ist. Reicht eine derartige Gerichtsstandsvereinbarung aus, um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt zu begründen und damit die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1215/2012 zu eröffnen?
Die Frage, ob die Beschränkung des Auslandsbezuges auf eine Gerichtsstandsvereinbarung ausreicht, um die Anwendbarkeit der Verordnung zu bejahen, oder ob es sich dabei um eine rein innerstaatliche Angelegenheit handelt, wurde bislang in Rechtsprechung und Lehre unterschiedlich beantwortet, so dass es in diesem Fall zu einer Vorlage zum EUGH kam.
Der Europäische Gerichtshof beantwortete diese Frage mit „Ja“ und entschied, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, in der die Parteien eines Vertrags, die in demselben Mitgliedstaat ansässig sind, die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats für Rechtsstreitigkeiten aus diesem Vertrag vereinbaren, unter Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung fällt. Dies gilt, auch wenn der Vertrag keine weitere Verbindung zu diesem anderen Mitgliedstaat aufweist.
Bei seiner Entscheidung nutzte der Europäische Gerichtshof die bekannten Auslegungsmethoden und stützte sich insbesondere auf den Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Außerdem beruht die Entscheidung auf dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der Vertragsfreiheit der Parteien. Durch die Anwendung von Artikel 25 Absatz 1 wird die Vorhersehbarkeit und Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen gewährleistet. Außerdem trägt dies zur Vermeidung von Parallelverfahren bei und erleichtert die Rechtspflege innerhalb der Europäischen Union.
Steht das zuständige Gericht fest, stellt sich bei grenzüberschreitenden Sachverhalten häufig als nächstes die Frage nach dem anzuwendenden Recht. Das anzuwendende Recht ist das Recht des Staates, welches für das Rechtsverhältnis oder für den Vertrag entscheidend und damit anzuwenden ist. Hingegen ist der Gerichtsstand der Ort, an welchem das Gericht zuständig ist. Beides kann von den Parteien im Vertrag festgelegt werden. Das anzuwendende Recht kann mithilfe der Rom I-Verordnung ermittelt werden. Bei der Rom I-VO handelt es sich also um Kollisionsrecht bezüglich internationalem Vertragsrecht. Sofern der Anwendungsbereich der Rom I-VO eröffnet ist, besteht gemäß Art. 3 der Verordnung freie Rechtswahl. Die Parteien können somit die Anwendung eines bestimmtes Rechts bestimmen. Weiterhin enthält die Rom I-Verordnungen in Artikel 4 auch Bestimmungen darüber, welches Recht anzuwenden ist, wenn eine solche Rechtswahl nicht getroffen wurde.
Zu beachten ist jedoch, dass es bestimmte Eingriffsnormen gibt, die nicht der Rechtswahl unterliegen. Gemäß Art. 9 Absatz 1 der Rom I-VO ist eine Eingriffsnorm eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe der Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen.
Tipp: Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden bietet es sich an, sowohl eine Regelung bezüglich des anwendbaren Rechts als auch eine Gerichtsstandvereinbarung zu treffen. Hierbei kann es sinnvoll sein, das zuständige Gericht und das anwendbare Recht einheitlich zu bestimmen, da das Gericht somit in seiner höchsten fachlichen Expertise entscheiden kann.
Autor:
Dr. Dominic John Patrick Porta, LL.M.
Rechtsanwalt (Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Nr. 52954)
Abogado (ICAIB n° 6645)
dominic.porta@anwaltmallorca.eu
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