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Neues BGH-Urteil zur „Shrinkflation“

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Jeder kennt es. Man öffnet ein Produkt und wundert sich dann, dass das Produkt gefühlt nur zur Hälfte gefüllt ist. Das als „Shrinkflation“ bezeichnete Phänomen war vor kurzem Gegenstand eines BGH-Urteils.

Der BGH gab der entsprechenden Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzverbandes statt. Der Verband bemängelte ein Herrenwaschgel, dessen Tube online auf dem Deckel stehend mit einer Füllmenge von 100ml abgebildet wurde. Unter dem Begriff der Füllmenge ist die tatsächliche Befüllung der Verpackung zu verstehen, nicht die mögliche. Die Tube war im unteren Bereich transparent und im oberen Bereich silbern eingefärbt. Befüllt war sie jedoch nur bis zum Beginn des oberen (silbernen) Bereiches. Es wurde bei untersuchten Tuben festgestellt, dass diese gerade einmal zu zwei Dritteln befüllt waren. Der Verbraucherschutzverband beanstandete, dass durch die silberne Einfärbung des oberen Bereiches eine nahezu vollständige Befüllung der Tube suggeriert wurde.

Der BGH gab dem Verbraucherschutzverband recht.

Hintergrund des Urteils ist der wettbewerbsrechtliche Schutzzweck, nach dem der Verbraucher vor der Fehlannahme über die relative Füllmenge, d.h. das Verhältnis zwischen der tatsächlichen und der möglichen Füllmenge der konkreten Verpackung, geschützt werden soll.

Nach der Rechtsprechung muss hierbei auf die Vorstellungen des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abgestellt werden, die er über den Inhalt aufgrund der Verpackungsgestaltung entwickelt, und ob diese Vorstellungen vom tatsächlichen Inhalt der Verpackung abweicht. Eine Abweichung ist nur dann hinzunehmen, wenn diese rechtserheblich oder aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen notwendig ist. Eine rechtserhebliche Abweichung liegt regelmäßig dann nicht mehr vor, wenn die Füllmenge weniger als 70% des Verpackungsvolumens ausmacht.

Zu beachten ist aber auch, dass der Verbraucher nicht immer die kleinstmögliche Verpackung erwartet, denn sie sollte zumindest gut handhabbar sein. Gleichzeitig erwartet der heutige Verbraucher aber auch keine viel zu große Verpackung, dies ergibt sich bereits aus Gründen des Umweltschutzes. Immerhin wird der Umweltschutz auch teilweise vom Gesetzgeber vorausgesetzt. Der Verbraucher erwartet daher gleichzeitig eine ressourcenschonende Verpackung.

Bei einem Alltagsprodukt ist von einem angemessenen Verhältnis zwischen Verpackung und Füllmenge dann zu sprechen, wenn diese deutlich zu mehr als zwei Drittel gefüllt sind.

Bei dem streitgegenständlichen Waschgel war die Verpackung aber gerade einmal zu zwei Drittel gefüllt. Es fehlte auch an einem Hinweis bezüglich der Füllmenge, der den Verbraucher vor einer Täuschung hätte schützen können. Die bloße Angabe der Füllmenge reicht darüber hinaus aber sowieso nicht als Hinweis aus, da die Erfahrung gerade zeigt, dass ein Verbraucher eine solche Angabe nicht beachtet oder sie nicht richtig einordnen kann. Der Übergang von dem transparenten Bereich zu dem silbern eingefärbten Bereich genügte den Richtern ebenfalls nicht. Dieser wurde als Gestaltungsmerkmal aufgenommen. Vielmehr hätte es einem deutlichen Füllstrich benötigt, der sich deutlich von der restlichen Verpackung hätte absetzen müssen.

Irrelevant ist für den BGH jedoch, ob das Produkt nur online vertrieben wird oder auch in Geschäften, denn nach dem BGH ist dieser wettbewerbsrechtliche Schutzzweck unabhängig von der Vertriebsart betroffen.

Autor:
Dr. Dominic John Patrick Porta, LL.M.
Rechtsanwalt (Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Nr. 52954)
Abogado (ICAIB n° 6645)
dominic.porta@anwaltmallorca.eu
www.anwaltmallorca.eu

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