Sowohl in Deutschland als auch in Spanien ist der Begriff „Höhere Gewalt“ gesetzlich nicht genau definiert, sondern wird maßgeblich durch die Rechtsprechung geprägt.
Allein im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird der Begriff im deutschen Recht in mehreren Normen erwähnt. So regelt etwa § 206 BGB die Hemmung der Verjährung solange der Gläubiger innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert war. Darüber hinaus spielt der Begriff im deutschen Straßenverkehrsrecht in § 7 II StVG eine große Rolle. Danach ist die Haftung des Fahrzeughalters für einen beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstandenen Sach- oder Personenschaden ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) definiert den Begriff der „höheren Gewalt“ dabei als ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, auf das derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluss hat und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können. Der Begriff findet sich zudem auch in § 2 HaftPflG und im deutschen Reiserecht wieder. Auch hier greift der BGH auf die zuvor erwähnte Definition zurück. Es geht also maßgeblich um außergewöhnliche Ereignisse, die außerhalb der Kontrolle der betroffenen Partei liegen und die Erfüllung eines Vertrages unmöglich machen oder erheblich erschweren. Dabei kann es sich etwa um Naturkatastrophen, Kriege oder Epidemien handeln. In der Vertragsgestaltung wird der Begriff häufig verwendet, um die Haftung für Schäden zu begrenzen, die durch solche Ereignisse verursacht werden.
In Spanien ist der Begriff der „Höheren Gewalt“ (im Spanischen „fuerza mayor“) ebenfalls nicht explizit im Gesetz definiert, er wird aber im Rahmen des spanischen Zivilgesetzbuches (Código Civil) erwähnt und auch hier maßgeblich durch die Rechtsprechung geprägt. Dabei entspricht die Definition im Wesentlichen der des BGH. „Höhere Gewalt“ wird auch hier als unvorhersehbares, unüberwindbares und außergewöhnliches Ereignis definiert, das die Erfüllung einer Verpflichtung verhindert, ohne dass die betroffene Partei dafür verantwortlich ist. Es handelt sich dabei oft um Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Wetterereignisse sowie um andere unvorhersehbare Ereignisse wie Kriege, Aufstände oder behördliche Maßnahmen, die die Vertragserfüllung unmöglich machen. So ist der Begriff der „fuerza mayor“ zwar nicht ausdrücklich im spanischen Zivilrecht erwähnt, er ist jedoch in Artikel 1105 des Código Civil verankert. Dieser besagt, dass außer in den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen niemand für eine Nicht-Erfüllung der Vertragspflichten haftet, wenn diese durch höhere Gewalt verursacht wird. Die betroffene Partei ist demnach von der Haftung befreit, solange sie nachweisen kann, dass das Ereignis außerhalb ihrer Kontrolle lag und die Erfüllung des Vertrags oder der Verpflichtung unmöglich machte.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass in beiden Ländern der Begriff „Höhere Gewalt“ als ein außergewöhnliches, unvorhersehbares Ereignis definiert wird, das außerhalb der Kontrolle der betroffenen Partei liegt. In beiden Rechtssystemen wird die Haftung für Schäden oder Nichterfüllung von Vertragspflichten in solchen Fällen begrenzt oder ausgeschlossen. Der Begriff der „höheren Gewalt“ wird in Deutschland jedoch mehr als in Spanien im Kontext von Rechtsprechung und Vertragsgestaltung interpretiert, während der Begriff in Spanien im Código Civil explizit behandelt wird.
In der Vertragsgestaltung ist es daher oft sinnvoll vertragliche Regelungen zu treffen, in denen explizit festgelegt wird, welche Ereignisse als höhere Gewalt gelten und welche Auswirkungen dies auf die Vertragserfüllung hat. Solche Klauseln werden häufig verwendet, um Klarheit darüber zu schaffen, wie mit bestimmten unvorhersehbaren Ereignissen umzugehen ist.
Autor:
Dr. Dominic John Patrick Porta, LL.M.
Rechtsanwalt (Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Nr. 52954)
Abogado (ICAIB n° 6645)
dominic.porta@anwaltmallorca.eu
www.anwaltmallorca.eu
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